Traum vom Wunschberuf hat sich erfüllt
Um 6.45 Uhr, wenn die Bäcker in Denningers Mühlenbäckerei in der Berger Straße ihren Arbeitstag bereits hinter sich haben, legt Marc Mölkner mit seinem Tagwerk los: dem Herstellen knuspriger Gemüsetartes. "Spinat-Mozzarella und Zucchini-Mascarpone-Tarte gibt es das ganze Jahr über. Je nach Saison backen wir auch Rote-Beete-Bohnen-, Spargel- oder Kürbis-Lauch-Tartes", erklärt der junge Backstubenhelfer.
Voraussetzungen für Beruf vorhanden
Marc Mölkner, dessen Vater selbst Bäcker ist, wusste schon als Kind, dass er gern in einer Bäckerei arbeiten möchte. Aufgrund seiner Schwerbehinderung fielen ihm Schule und Ausbildung aber nicht leicht: "Fachmathematik war wichtig, das konnte ich nicht gut. Die Theorieprüfung habe ich am Ende nicht bestanden." Die Begeisterung fürs Backen, Sorgfalt, Genauigkeit, Lernbereitschaft und körperliche Belastbarkeit – diese Voraussetzungen bringt der junge Mann für den Beruf aber mit.
Die Unterstützte Beschäftigung richtet sich an Menschen mit Behinderung. Oliver Strickstrock, pädagogischer Mitarbeiter bei der Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) in Hanau, betreute Marc Mölkner in der Phase I der Unterstützten Beschäftigung (siehe Hintergrund). "Die Maßnahme ist auf 24 Monate ausgelegt und läuft in drei Abschnitten ab. In der achtwöchigen Einstiegsphase findet eine Orientierung statt", beschreibt Strickstrock. Eine Betreuung am Arbeitsplatz gehört dazu.
Tatkräftige Unterstützung fürs Team
Für Klaus Denninger, Inhaber der Mühlenbäckerei, hörte sich das Konzept der Unterstützten Beschäftigung interessant an. "Marc hat erst ein Praktikum bei uns gemacht", sagt Denninger. "Wir haben gemerkt, dass er bei uns im Team gut zurechtkommt." Am Ende steht für Denninger fest, dass sein junger Backstubenhelfer die Qualifizierungsphase machen kann. Dafür bekommt er einen eigenständigen Arbeitsbereich. "Im Gespräch mit Herrn Strickstrock sind wir bei den Tartes gelandet", sagt Denninger.
Einmal die Woche Coaching vor Ort
"Für die Qualifizierungsphase im Betrieb stellen wir einen Qualifizierungsplan auf", erklärt Strickstrock. "Er ist das zentrale Element der Unterstützten Beschäftigung. An dem hangeln wir uns in dieser Phase entlang und schauen, was klappt schon gut, was noch nicht so gut. Darüber hinaus gibt es einen wöchentlichen Betriebsbesuch mit einem Coaching am Arbeitsplatz." Beim wöchentlichen Unterrichtstag in der FAW werden zudem Themen rund um die Arbeitswelt wie der Umgang mit Formularen oder auch das Ausfüllen eines Urlaubsantrages besprochen und geübt.
Hintergrund
Unterstützte Beschäftigung
Das Konzept richtet sich an Menschen mit Behinderung oder Schwerbehinderung und Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen.
Eine speziell gestaltete Einstiegs- und Qualifizierungsphase (Phase I) sowie eine Stabilisierungsphase im Betrieb (Phase II) ermöglichen eine berufliche Orientierung – um das zu lernen, was für den betrieblichen Arbeitsplatz notwendig ist. Das Ziel ist, im Betrieb übernommen zu werden und so ein festes Arbeitsverhältnis zu erhalten. Bewilligt und finanziert wird die Maßnahme zunächst durch die zuständige Agentur für Arbeit.
Sobald ein Arbeitsverhältnis begründet ist, ist – bei Schwerbehinderten und ihnen Gleichgestellten – das LWV Hessen Integrationsamt zuständig. Es prüft zu Beginn, was notwendig ist, um das Arbeitsverhältnis nachhaltig zu unterstützen. Dazu kommen neben einer Begleitung durch den Integrationsfachdienst (IFD) finanzielle Leistungen für den Arbeitgeber (nach §27 SchwbAV) in Betracht sowie die Förderung im Rahmen des Hessischen Perspektivprogramms zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen schwerbehinderter Menschen (HePAS).
Ist eine Unterstützte Beschäftigung, deren Phase I bis zu 24 Monate dauern kann, nicht erfolgreich, ist der Übergang in eine Werkstatt für behinderte Menschen wahrscheinlich.